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Rede zum Haushaltsentwurf 2018 am 05.12.2017

 

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr verehrte Ratsmitglieder,

liebe Bürgerinnen und Bürger,

 

 

die vergangenen beiden Haushalte des Jahres 2016 und bald auch des Jahres 2017 werden im Ergebnisplan deutlich positiver abgeschnitten haben als dies zunächst gedacht und geplant worden ist.

 

Im Jahr 2016 hat sich die ZUE Wimbern in einem kombinierten Effekt aus einer überhöhten, falsch gezählten Anzahl von Flüchtlingen und einer Regelungslücke im Landesfinanzierungsgesetz dahingehend ausgewirkt, dass der Gemeinde ein Millionenbetrag ausgezahlt wurde, den man nur als glücklichen Einmaleffekt beschreiben kann und der zu einem positiven Finanzergebnis von 1,1 Mio. Euro in dem Jahr führte. 

 

Im Jahr 2017 hingegen war die Gemeinde Wickede in einen Disput mit dem Kreis Soest als Aufsichtsbehörde über das Haushaltssicherungskonzept verstrickt. Der Kreis Soest beharrte auf dem selbstgesteckten Ziel der Gemeinde Wickede aus dem Jahr 2013, nach vier Jahren im Jahr 2017 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt mit einer schwarzen Null vorzuweisen.

Dies führte zu einer Hängepartie über die Haushaltsgenehmigung bis zum Mai dieses Jahres, die einerseits die grotesken Züge einer Paragraphenreiterei seitens des Kreises aufwies, und die andererseits doch auch beleuchtete, dass für die Haushaltsfinanzen die Lage nach wie vor eine prekäre Lage ist. Denn die von Soest geforderte schwarze Null war unter keinen Umständen darstellbar. Das Finanzergebnis für das Jahr 2017 ist aktuell mit etwa minus 900.000 Euro anzunehmen.

 

Für 2018 geht der Haushaltsentwurf von einem Fehlbetrag von etwa minus 500.000 Euro aus.

Im Jahr 2019 soll sich der Fehlbetrag auf etwa minus 200.000 Euro verringern.

Doch ab dann geht die Wickeder Verwaltung davon aus, dass in der Vorschau auf die Jahre 2020 und 2021 der Haushalt mit jeweils rund +700.000 Euro schwarze Zahlen schreibt und impliziert damit, dass dadurch eine strukturelle Trendwende geschafft sei.

Aber bereits im letzten Jahr hatten wir darauf hingewiesen, dass dieser Effekt überwiegend auf den geplanten Entfall des Fonds Deutsche Einheit zurückzuführen ist. Wir können der Verwaltung zugestehen, dass sie bei der Präsentation des Entwurfs im September von selbst darauf hingewiesen hat, dass eine solche Annahme eher optimistisch als realistisch sei.

 

Aber selten genug kann man als unbedarfter Bürger einmal live dabei zusehen, dass solche Annahmen häufig mehr ein Placebo-Effekt darstellen denn eine realistische Betrachtung zukünftiger Entwicklungen sind.

Lassen Sie mich das kurz am Beispiel des etwas anders gelagerten Solidaritätszuschlages verdeutlichen: Wenn man den Aussagen der FDP in den Koalitionsverhandlungen von vor 4 Wochen glauben mag, war unter es anderem die von den anderen Fraktionen betriebene zu lange und zu hohe jährliche Fortführung des Solidaritätszuschlages über 2020 hinaus, die zum Scheitern der Jamaika-Koalition führte.  

 

Wir können also im Geiste die 700.000 Euro Finanzergebnis von 2020 und 2021 getrost um den Wert einer dem Fonds Deutsche Einheit äquivalenten Abgabe von 500.000 Euro reduzieren, um festzustellen, dass das sich das Finanzergebnis jener Jahre sich eher um den Nullpunkt bewegen wird.

 

Das bedeutet, dass wir, wenn wir die Verantwortung des Haushaltsausgleiches ernst nehmen, auch in den nächsten Jahren kaum einen Spielraum haben werden, um als Gemeinde politische Akzente zu setzen, die aus der politischen Willensbildung heraus entstehen.         

Der ohnehin größte politische Akzent der vergangenen vier Jahre und gleichzeitig der nächsten zwanzig Jahre ist denn mit der Sekundarschule schon gesetzt worden.

Das Gesamtkostenvolumen der Bauphase von 2014 bis 2017 hat etwa 8 Mio. Euro betragen, eine beträchtliche Summe für diese Gemeindegröße und weit jenseits der Kostenprognosen, auf denen die dazugehörigen Ratsbeschlüsse fußten.

Damals wie heute fehlte es an einer überregionalen und interkommunalen Planung und Abstimmung für solch ein gewaltiges Vorhaben, bei dem zunächst einmal ein lokales Kirchturmdenken hier im Ort den eigentlichen Auslöser gesetzt hatte. Die anfängliche Hoffnung, eine Auslastung der Schule allein durch Wickeder Schüler hinzubekommen war für uns als BG immer fragwürdig. Den Offenbarungseid dazu hat mittlerweile, positiv verpackt als Initiative für das Regierungsprogramm des Landes NRW, die Wickeder CDU Fraktion der derzeitigen Landesregierung mit auf den Weg gegeben, so dass die Sekundarschulen auch mit nur zwei Klassen je Jahrgang Bestand betrieben werden können. Das betrifft außer Wickede zwar nicht viele Kommunen, aber so hat die Gemeinde zumindest hier Rechtssicherheit bekommen.

Das bedeutet aber auch, zukünftig ein Gebäude für rund 8 Mio. Euro Baukosten nur zu zwei Drittel auszulasten. Diese Unterauslastung entspricht ziemlich genau den Baukosten des kürzlich separat fertiggestellten Gebäudeblocks.

Es ist eine dringende Aufgabe der Gemeindeverwaltung, für diesen Sachverhalt Lösungen zu finden.

Ab 2020 wird die Gemeinde dann 17 Jahre lang bis zum Jahr 2037 allein für die Sekundarschule Tilgungsleistungen zur Rückzahlung der 8 Mio. Euro in Höhe von ca. 350.000 Euro jährlich zu leisten haben (ohne Zinsen).

Zum bildlichen Vergleich dieser Tilgungsleistung kann man sich vorstellen, dass man jedes Jahr den Kunstrasenplatz des Sportplatzes im Ohl einmal neu herstellt.

 

Der vorgenannte Kunstrasenplatz ist überdies eine anstehende Ausgabe, die im aktuellen Haushaltsentwurf noch nicht einmal enthalten ist und welche das Finanzergebnis des betreffenden Jahres entsprechend verschlechtern würde, so sich für diese Maßnahme eine Mehrheit im Rat fände.

 

 

 

Aber die Investition in die Sekundarschule ist aktuell fast noch das geringere Problem, denn Ihre finanziellen Auswirkungen wie Reparaturen, Fahrschülerfahrtkostenerstattung, Zinsaufwand und Tilgung werden sich erst in einigen Jahren so richtig abbilden.

Denn vergleicht man die Ist-Werte von 2013 und die Planwerte von 2019 an einigen beispielhaften Sachverhalten, so erkennt man auch ohne Sekundarschule eine sich immer schneller drehende Kostenspirale.

Nur einige Beispiele:

  • Die Zunahme der ordentlichen Aufwendungen von 24,6 Mio. Euro im Jahr 2013 auf rund  26,7 Mio. Euro in Jahr 2019 bedeuten eine Zunahme von rund 10%.
  • Die Zunahme der Personalkosten von 4,9 Mio. Euro im Jahr 2013 auf rund 6,08 Mio. Euro in Jahr 2019 bedeuten eine Zunahme von 25% und nehmen damit als Teil der vorgenannten ordentlichen Aufwendungen deutlich überproportional zu. Diese Zunahme der Personalkosten von über 1 Mio. Euro in sechs Jahren wird demnächst genauer zu hinterfragen sein.
  • Das Steueraufkommen der Gemeinde stieg um rund 33% von 14,0 Mio. Euro auf 19,0 Mio. Euro, was nicht zuletzt den Steuererhöhungen geschuldet ist.
  • Der Gesamtschuldenstand der Gemeinde nimmt um fast 50% zu und wird am Ende des Jahres 2018 bei rund 34 Mio. Euro liegen.

 

 

Man sieht, das einstmals beschaulich laufende Rad der Gemeindefinanzierung gleicht immer mehr einer Lawine, die zu Tal geht und ein mulmiges Gefühl darüber hinterlässt, ob man sie zukünftig noch unter Kontrolle halten kann.

 

Und natürlich ist dies alles Teil einer Entwicklung, die nicht nur isoliert in der Gemeinde Wickede stattgefunden hat. Auch andere Gemeinden haben mit Kreisumlagen, Tarifsteigerungen und nachzuholenden Infrastrukturmaßnahmen zu kämpfen.

 

Die Eckpfeiler der gemeindlichen Steuerpolitik, die Gewerbesteuer und die Grundsteuer B, stehen im Jahr 2019 bei 485% und 605% als Hebesätze. Bezogen auf das Jahr 2013 hat sich die Gewerbesteuer damit um rund 10% erhöht und die Grundsteuer B um knapp 40% innerhalb von 6 Jahren.

 

Für das Selbstverständnis von Wickede als lebenswerte Industriegemeinde ist unseres Erachtens aber schon kritisch, dass Wickede mit diesen Hebesätzen im Kreis Soest keinesfalls im Durchschnitt anderer Kommunen oder gar darunter läge.

Im Vergleich zu anderen Kommunen liegen wir bei der Gewerbesteuer um 10% höher und bei der Grundsteuer B fast um ein Drittel höher, falls andere Kommunen nicht bedeutend nachziehen.

 

Wir müssen hier im Auge behalten, dass diese Steuer-Schere nicht weiter aufgeht. Es bringt Wickede unseres Erachtens Haushaltsnachteile bei Schlüsselzuweisungen vom Land und verteuert das Leben und Arbeiten in Wickede.

 

 

Es zeigt sich also, dass auch in Zukunft die Gemeinde in Ihrem finanziellen Spielraum begrenzt sein wird, selbst wenn die Zeiten eines Haushaltssicherungskonzeptes Ende 2017 vorbei sein sollten.

 

In diesem Zusammenhang möchten wir den auch betonen, dass mögliche Überschüsse des Gemeinde-Elektrizitäts-Werks keinesfalls als willkommene Kompensation von Löchern im Gemeindehaushalt angesehen werden dürfen.

Zwar darf die Gemeinde als Eigentümerin sicherlich einen gewissen Ertrag aus Ihrem Geschäft ziehen, doch allzu sehr ging in der Vergangenheit die Tendenz insbesondere der Verwaltung dahin, trotz dünner Kapitaldecke die Erträge nicht in den Gemeindewerken wieder reinvestieren zu wollen, sondern lieber für eine bequeme Haushaltserstellung auszuschütten. Diese Erträge haben unseres Erachtens, auch in Zeiten von löchrigen Gemeindehaushalten, auch den Kunden und den Gemeindewerken selbst zugute zu kommen, wenn man dieses Geschäftsmodell des Energieversorgers mit einem gewissen Lokalkolorit nicht torpedieren möchte.  

 

 

Notwendig bleiben weitere Investitionen in die Infrastruktur der Gemeinde wie zum Beispiel das Bürgerhaus, welches hier zuerst zu nennen wäre.

 

Es ist in diesem Fall jedoch sinnvoll, diese Investition solange zu schieben, bis durch das sogenannte IKEK (Integriertes kommunales Entwicklungskonzept) eine mögliche Förderfähigkeit erreicht worden ist.

Überhaupt ist das vor einigen Tagen vorgelegte, 150 Seiten umfassende IKEK-Konzept zumindest auf dem Papier überraschend inhaltsreich und bietet sicherlich ein gewisses Reservoir an Tatbestandsaufnahmen aus den Ortsteilen, die nicht alle auf einmal angegangen und umgesetzt werden können, aber von Zeit zu Zeit mal überprüft werden sollten.

Einer möglicherweise gewünschten externen Überwachung und Koordinierung von Förderanträgen stehen wir im Haushaltsansatz neutral gegeben über. Eigentlich sollte dies eine Kern-Kompetenz einer jeden Verwaltung sein, die höchstens aus kapazitativen Gründen fremdvergeben werden sollte.

 

Die sonstigen vom Bauamt vorgesehen Maßnahmen in Straßenerhaltung und Kanalisation, sei es als Aufwand oder Investition, erscheinen gut begründet und bieten keinen Anlass zu Kritik.

Sinnvoll ist es, die Wiederherstellung von Wegen und Straßen im Zuge des Glasfaserausbaus sehr engmaschig zu betreuen, damit dort keine qualitativen Einbußen entstehen.   

 

Wir hoffen, dass in dem nächsten Wirtschaftsjahr 2019 ohne Haushaltssicherungskonzept nicht der Automatismus der Erhöhung der eingangs geschilderten Steuersätze greifen muss.

Vielleicht stellt sich auch wirklich heraus, dass Abgaben wie der Fonds Deutsche Einheit auf Bundesebene entfallen oder die neue Landesregierung dem Konnexitätsprinzip bei der Inklusion oder der Gemeindefinanzierung generell Taten folgen lässt und die Kommunen von den steigenden Umlagen entlastet.

  

Bei einem Schuldenstand von 34 Mio. Euro sollte in den nächsten Jahren eine möglichst risikoarme Ausgaben- und Investitionspolitik betrieben werden.

 

Die BG stimmt dem Haushalt 2018 vor diesem Hintergrund zu.

 

Wir danken dem Kämmerer, Herrn Christian Wiese und dem Bürgermeister Herrn Dr. Michalzik für Ihre Teilnahme an unserer Haushaltsberatung und natürlich für die gegebenen Erläuterungen.

 

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Für die Fraktion der Bürgergemeinschaft (BG) Wickede e.V.

Thomas Schäfer, 05.12.2017

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

 

 

 

 

Anlage A:

 

 

Entwicklung einiger Kennzahlen von 2013 nach 2019

   
           

 

2013

2018

2019

Veränderung von 2013 > 2018

Veränderung von 2013 > 2019

Grundsteuer A
(in %)

           240  

           270  

         285  

12,50%

18,75%

Grundsteuer B
in (%)

           440  

           550  

         605  

25%

38%

Gewerbesteuer
(in %)

           435  

           470  

         485  

8%

11%

Gesamtverbindlichkeiten
(in Mill. Euro)

          23,4  

          34,1  

        34,1  

46%

46%

Personalkosten m. Versorgungsauszahlungen
(in Mill. Euro)

          4,86  

          5,97  

6,08

23%

25%

Steuer u. ähnliche Abgaben
(in Mill. Euro)

        14,00  

        18,20  

      19,10  

30%

36%

Eigenkapital
(in Mill. Euro)

        11,00  

          9,80  

9,5

-11%

-14%

Zeile "ordentliche Aufwendungen in Haushaltsplänen"

        24,60  

        27,90   

26,7

13%

9%

 

Quelle: eig. Recherche in Haushaltsplan

Hebesätze im Kreis Soest

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr verehrte Ratsmitglieder,

liebe Bürgerinnen und Bürger,

 

 [an dieser Stelle erfolgte ein mündlicher Einschub meinerseits unmittelbar als Replik auf die unten in der Fußnote zitierte Passage aus der Rede der SPD[1], vorgetragen von Herrn Gurka, in der ich folgende Erläuterungen und Klarstellungen sinngemäß wiedergegeben vornahm:

„Das die Haushalte in 2014 und 2015 nicht so negativ verliefen wie ursprünglich geplant, lag u.a. an folgenden Faktoren, die außerhalb der Planbarkeit oder Vermutbarkeit lagen wie:

 a.) dass die Einwohner der ZUE aufgrund von Unzulänglichkeiten im Meldewesen mit 1.100 Personen gezählt wurden statt der zum Erhebungszeitpunkt max. 600 tatsächlich anwesenden Personen (also ein platter Zählfehler mit enormer Auswirkung bei den erhaltenen Zuschüssen im Haushalt!!!),

 b.) sich Zuwendungen des Landes in Höhe von knapp 500.000 Euro aus einer Klage des Städte-und Gemeindebundes herrührten und nicht alleinig auf Betreiben des Landes oder Landes-SPD zurückzuführen sind,

c.) sich die SPD inhaltlich als einzige Fraktion einer Steuererhöhung verweigerte, obwohl sie die Investitionen in die Sekundarschule vor Augen hatte und

d.) auf die explizite Frage aller anderen Fraktionen im Zuge der Haushaltberatung in 2014 zu der Frage, welchen anderen Weg die SPD sähe oder auf welche Gelder sie hoffe, dieses damals seitens Herrn Gurka mit einem, hier wörtlich zitiert, „wir sehen das nicht so eng“ beantwortete“.]

 

 

der vorliegende Haushalt 2017 wurde von der Verwaltung sehr früh für das nächste Jahr 2017 eingebracht. Dieser Haushalt ist, mit den noch aus dem Hauptausschuss vorzunehmenden Änderungen, aus rein buchhalterischen Gesichtspunkten betrachtet ein in sich stimmiger Gesamtplan bis zum Jahr 2020, der die rein verwaltungstechnischen Notwendigkeiten, wie ein Haushalt gemäß Gemeindefinanzierungsgesetz u.a. Gesetzen aufzustellen ist, abdeckt.

Dieses zur Kenntnis nehmend, bedanken wir uns an dieser Stelle vorab bei dem Kämmerer, Herrn Wiese, für seine sehr gute Vorarbeit im Rahmen dieser Haushaltsplanerstellung 2017 sowie für seine Erläuterungen im Rahmen unserer internen Haushaltsbesprechung vor zwei Wochen. Gleichermaßen danken wir auch dem Bürgermeister Hrn. Dr. Michalzik für seine über bloße Zahlen hinausgehenden Erklärungen zu angefragten Sachverhalten, und bestimmte Budgetansätze wie im Einzelnen zustande gekommen sind.

 

Dieser Gesamtplan kommt zu dem Ergebnis, dass wir, entgegen der langjährigen Erwartungshaltung des Rates und der Planung der Verwaltung vor noch nicht einmal 12 Monaten, noch weitere drei Jahre von 2017 bis 2019 negative Jahresergebnisse hinnehmen müssen. Ursprünglich sollte also schon 2017 ein „positives“ Jahr im finanziellen Sinne werden, jetzt ist die Planung leider mit -1,2 Mio. Euro negativ.

 

Ebenso entgegen unserer Erwartungshaltung drehte sich das Jahresergebnis von 2015, welches mit minus 1,3 Mio. Euro geplant war, mit plus 0,5 Mio. Euro ins Positive und erzielte somit eine Ergebnisverbesserung von 1,8 Mio. Euro in einem Jahr. Dies wurde uns erst vor einigen Wochen mit dem Jahresabschluss 2015 bekannt gemacht.

 

Wir wollen an dieser Stelle daher kurz festhalten, dass selbst eine verwaltungsseitig solide Planungsarbeit zum jeweiligen Zeitpunkt und Kenntnisstand nicht garantieren kann, dass der Gemeindehaushalt nicht Umständen unterliegt, auf die die Verwaltung und der Rat kaum Einfluss haben.

 

Leider entbindet das aber den Rat nicht davon, einen Haushalt aufstellen und planen zu müssen.

So nehmen wir denn erst einmal zur Kenntnis, dass wir nach weiteren vier mageren Jahren der Haushaltssicherung in 2020 urplötzlich mit fast einer Million Euro im Plus sein werden.

Wir können Ihnen an dieser Stelle nicht sagen, welche Eintrittswahrscheinlichkeit diesmal damit verbunden ist. Wir können Ihnen nur kurz die wesentlichen Parameter aufzeigen, die zu diesem Ergebnis führen, indem wir den neuen Planwerten für 2017 ff. die alten Planwerte von vor 12 Monaten für die jeweilige Jahresscheibe entgegenhalten. Im Einzelnen kann man feststellen:

 

Die Veränderungen auf der Einnahmeseite sind gering. Da die Steuererhöhungen bereits im letzten Jahr als Annahmen für die Haushaltssicherung angesetzt wurden, erhöhen sich die wesentlichen Steuern Grundsteuer B und Gewerbesteuer nur um einen landesweit vorgegebenen Faktor. Gleiches gilt für den Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer, die immerhin mehr als 5 Mio. Euro beträgt.

Einen bedeutsamen Sprung macht lediglich der Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer, die sich in den Jahren von 2018 – 2020 schlagartig um fast 70% von 730.000 Euro auf rund 1,2 Mio. Euro erhöht, und somit per Saldo eine jährliche Verbesserung von + 500.000 Euro bedeutet auf der Einnahmenseite. Was sind die Ursachen für diese überproportionale Mehreinnahme? Gibt es andere kommunale Verteilungsschlüssel, oder rechnet man mit einem bundesweiten Konsumrausch oder einer Mehrwertsteuererhöhung?

 

Zusätzlichen Schub in der jährlichen Ergebnisverbesserung erhält die Gemeinde durch eine Verringerung der Zinskosten. Dies bedeutet eine Entlastung in Höhe von rund 200.000 Euro jährlich.

Es ist damit die paradoxe Situation eingetreten, dass der Zins als der Preis für geborgtes Geld nahe Null liegt und die Kommune sich praktisch in unbegrenzter Höhe verschulden könnte, ohne nennenswerte Zinsen dafür zahlen zu müssen. So ist es derzeitig ein klein wenig nachvollziehbar, als Gemeinde so zu planen. Der Preis dafür wird volkswirtschaftlich an anderer Stelle gezahlt, und wie lange diese Situation anhält, ist nicht vorhersehbar. Sollte die Zinssituation sich aber jemals wieder ändern, werden viele kommunale Haushalte, die einen hohen Schuldenberg haben, und dazu darf man Wickede mit etwa 35 Mio. Euro unseres Erachtens durchaus zählen, schlagartig in Schieflage geraten. Die Risikobewertung dieses Sachverhalts bleibt jedem selbst überlassen, aber die Gemeinde sollte dies nicht aus den Augen verlieren. Größere Tilgungsleistungen, die die jeweils neu aufzunehmenden Kredite für Schulen und Infrastruktur der Gemeinde überkompensieren, sind erst ab 2020 erwartbar. Unterstellt man, dass die Gemeinde von da ab jedes Jahr 1 Mio. Euro tilgt, sind weitere 34 Jahre des Abzahlens auf Null vonnöten. Also kein Zeitraum, den wir hier Anwesende noch bewusst erleben werden.

In Summe ergeben sich also Ergebnisverbesserungen in Höhe von ca. 700.000 jährlich ab 2017, zusammengesetzt aus 200.000 Euro entfallenden Zinsen und der um 500.000 Euro gestiegenen Anteils aus der Umsatzsteuerzuweisung vom Land.

 

Ergebnisverschlechternd fallen bereits in 2017 und für alle Folgejahre die Schlüsselzuweisungen des Landes von 123.000 Euro auf Null. Und bei Null bleiben sie auch, soweit die Planungsjahre bis 2020 reichen.

Hier stellt sich die Frage, ob die Gemeinde Wickede nicht nachträglich in Regress genommen wird für erhaltene Zuweisungen im Zuge der ZUE. Oder ist das seit Jahren hohe Gewerbesteueraufkommen der Gemeinde der Grund, warum die Schlüsselzuweisungen entfallen?

 

Als zweite wesentliche Ergebnisverschlechterung wird die Umlage an den Kreis mit etwa 400.000 Euro von rund 5,6 Mio. auf 6,0 Mio. Euro in 2017 ansteigen, und diese macht dann einen zusätzlichen Sprung um weitere 500.000 Euro auf rund 6,5 Mio. Euro in den Jahren 2018-2020. In Summe haben wir dann knapp 1 Mio. Euro Mindereinahmen jährlich. 

Der grob gemittelte Saldo aus Ergebnisverbesserungen von +700.000€ und Verschlechterungen von -1.000.000€ ist mit minus 300.000 negativ und sorgt im Wesentlichen dafür, dass bis zum Jahr 2019 keine schwarze Null erreicht werden kann.

 

Und warum wird dann plötzlich das Jahr 2020 positiv? Ganz einfach, es entfällt der Fonds Deutsche Einheit mit ca. minus 800.000 Euro Transferaufwand. Dafür entfallen zwar auch weitere „allgemeine Umlagen“ vom Land in Höhe von 200.000 Euro (die vermutlich damit im Zusammenhang stehen), aber die im Saldo verbleibenden plus 600.000 Euro erzielen dann, mit der gleichzeitig voll wirksamen Steuererhöhung aus 2019 von weiteren 300.000 Euro bei der Gewerbesteuer, das positive Jahresplanergebnis des Jahres 2020 mit knapp 1 Mio. Euro.

Was den Gesamtschuldenstand angeht, so bleibt dieser mit 35 Mio. Euro in etwa in der von uns vor einem Jahr prognostizierten Region.

 

Soweit zur reinen Zahlenanalyse von Aufwendungen und Erträgen der Jahre 2017-2020.

 

 

Welche Schlüsse ziehen wir als unabhängige Bürgergemeinschaft aus der Haushaltsanalyse?

 

1.)   Wir haben den Haushalt der Jahre 2015 und 2016 abgelehnt, weil dort eine große Investition in die Schulinfrastruktur enthalten ist, die wir für die Größe einer Gemeinde wie Wickede für überdimensioniert gehalten haben und das immer noch tun. Der größte Teil zur Vollendung dieser Gesamtinvestition steht uns in 2017 noch bevor. Wir werden konsequenterweise einem Haushalt nicht zustimmen können, der diese Investitionen fortführt.

2.)   Wir haben die Steuererhöhung des Jahres 2015, trotz Ablehnung des Haushaltes, inhaltlich mitgetragen, weil sie uns im Zuge der zuvor erwähnten Ausgaben in die Schulinfrastruktur als notwendig erschien, von der Höhe her im Mittelfeld der übrigen Kommunen angesiedelt war und einen fairen Ausgleich gegenüber künftigen Steuerzahlern (also unseren Kindern) bieten sollte, sobald als möglich die Schuldentilgung wieder möglich zu machen.

3.)   Wir werden die mit den als Anlage zum Haushaltssicherungskonzept der Jahre 2017 und 2019 festgelegten Gewerbesteuererhöhungen und Grundsteuererhöhungen hingegen nicht mittragen. Dies haben wir bereits in der letzten Haushaltsrede so angekündigt und bekräftigen das an dieser Stelle. Bitte halten Sie sich vor Augen, dass Wickede dann im Vergleich der Kommunen in Soest bereits nächstes Jahr bei der Gewerbesteuer an erster Stelle stehen wird und bei der Grundsteuer B für Hausbesitzer vermutlich an fünfter Stelle von 14 Kommunen. Diese Spitzenstellung wird noch verfestigt werden, wenn in 2019 die Hebesätze auf 485% bei der Gewerbesteuer und 605% bei der Grundsteuer B erhoben werden würden. Wickede wäre dann auch bei den Steuern einfach „Spitze“.

4.)   Wir haben uns nach internen Diskussionen dafür ausgesprochen, dass die Gemeindewerke Wickede durchaus einen Beitrag zum Gemeindehaushalt leisten dürfen. Jedoch empfinden wir die vorweggenommene, quasi gewohnheitsmäßige Vereinnahmung eines großen Gewinnanteils in den Gemeindehaushalt im Zuge des Haushaltssicherungskonzeptes als ungerecht gegenüber denjenigen Wickedern und Wiehagenern Bürgern/Kunden, die einen Anspruch darauf haben, sowohl günstige Preise als auch eine dem Stand der Technik entsprechende, störungsfreie Stromversorgung zu erhalten. Ein regelmäßiger, vorweggenommener Gewinnbeschluss im Gemeindehaushalt schwächt die Eigenkapital- und Liquiditätsposition der Gemeindewerke und läuft auch den Interessen der Kunden zuwider.

5.)   Die Gemeindehaushalte der vergangenen Jahre sind ergebnistechnisch in Summe besser gelaufen als erwartet. Und trotzdem konnte der Haushaltsausgleich in 2017 nicht hergestellt werden, obwohl mit Steuererhöhungen in 2015 und erhöhten Transferzuflüssen aufgrund der gestiegenen Einwohnerzahl durch die ZUE beste Voraussetzungen vorlagen. Der Haushaltsausgleich muss nunmehr sogar ins Jahr 2020 inklusive saftiger Steuererhöhungen und fortgeführtem Haushaltssicherungskonzept verlegt werden. Und letztlich ist es dann sogar ein übergeordneter, bundesweiter externer Einfluss durch den Wegfall der Transferleistungen für den Fonds Deutsche Einheit, der den Wickeder Haushalt ins positive dreht. Wir hoffen, dass sich dies nicht nur uns von der Bürgergemeinschaft, sondern auch anderen Ratsmitgliedern als eine bizarre Wendung der Dinge erschließt.

 

6.)   Wir müssen die Vermutung äußern, dass Wickede beim interkommunalen Finanzausgleich durch eine bezogen auf die Gemeindegröße vergleichsweise hohe Gewerbesteuerkraft und Einkommenskraft bei der Umverteilung Nachteile erleidet. Und dass diese Nachteile umso größer werden, je mehr von nun an die Steuern erhöht werden. Das komplexe Berechnungssystem dahinter kann man als Laie nur erahnen, aber es zeigt sich unseres Erachtens die Tendenz, dass, je mehr wir an Steuern einnehmen, ein sehr großer Prozentsatz davon wieder an den Kreis abgeführt oder für andere Transferleistungen abgegeben werden muss und nur ein geringer Anteil der Steigerung in der Gemeinde selbst verbleibt. Unbewußt bestrafen wir dann möglicherweise unsere eigenen Bürger und die in Wickede ansässigen Unternehmen.

 

Dieses offenbar höchst reformbedürftige finanzielle Ökosystem aus einer Umverteilung des Mangels einerseits und gleichzeitig einer auch von den Mehrheitsparteien bitterlich beklagten landesweiten chronischen Unterfinanzierung anderseits kann nicht auch noch von einer nur lokal tätigen Bürgervereinigung wie uns unterstützt werden.

 

 

Aus diesen Gründen stimmen wir dem Haushaltsentwurf 2017 nicht zu.

 

 

Sicherlich werden Sie als Ratskollegen uns nun fragen, welche Alternativen wir anzubieten haben.

 

Mal abgesehen vom nochmaligen Hinweis, dass die meisten von Ihnen in einer Partei mit Gesetzgebungs-und Regierungsverantwortung Mitglied sind, und sie damit indirekt auch die Köche jener wässrigen Finanzsuppe sind, die alle Bürgerinnen und Bürger hier auszulöffeln haben, geben wir zu, dass wir das nicht können, ohne wirklich einschneidende Maßnahmen vorzuschlagen.

 

Wie schon erwähnt, enthält der Haushalt keine Position, die wirklich unsinnig oder unnötig sind.

Es ist kontraproduktiv, Investitionen und notwendige Reparaturen in eine ungewisse Zukunft zu verschieben, wo die Dinge später dann womöglich nur noch teurer werden.

 

Man muss sich aber schon fragen, wie das Hamsterrad der Schulden und der freiwilligen Verpflichtungen in Wickede in der Vergangenheit so groß werden konnte, so dass wir uns trotz einer im Vergleich zu anderen Kommunen enormen Gewerbesteuerkraft, die wir auch ziemlich ungeniert abschöpfen, nur mühsam, wenn denn überhaupt, wieder in die Spur kommen werden.

 

Das ist sicher eine lokale Verantwortung eben auch in der Politik zu suchen. Hinzu kommen die überörtlichen Einflüsse.

 

Es ist für uns nicht nachzuvollziehen, wie die auf die Kommunen verteilte Kreisumlage innerhalb von 2 Planungsperioden von 2016 nach 2018 um volle 14% oder knapp 1 Mio. Euro steigen kann. Sind Planungsfehler die Ursache? Sind die Verursacher im Kreis suchen? Oder anderer Stelle?

 

Mittlerweile sind wir zu dem Schluss gekommen, dass es für uns uninteressant ist, diese Fragen zu stellen oder nach den Verursachern zu suchen, denn in gewisser Weise sitzen Sie ja bereits indirekt unter uns. In allen dem Kreishaushalt vorgelagerten Haushalten wie Landeshaushalt oder den Landschaftsverbänden sitzen insbesondere CDU und SPD ja federführend mit am Tisch, im Gegensatz zu einer unabhängigen Wählervereinigung.

 

Jegliches Wehklagen über einen gestiegenen Kreishaushalt ist daher eine mehr oder minder direkte Folge der Entscheidungen, die die hier am Tisch vertretenen Mehrheitsparteien bereits an anderer Stelle getroffen und daher mit zu vertreten haben.

 

So bleibt uns leider in den nächsten Jahren nur die Möglichkeit, in den Ausschüssen der Gemeinde bei Sachfragen zu gut wie möglich unter den Grundsätzen der Sparsamkeit und des gesunden Menschenstandes mitzuarbeiten.

 

 

 

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Für die Fraktion der Bürgergemeinschaft (BG) Wickede e.V.

Thomas Schäfer, 08.12.2016

 

Es gilt das gesprochene Wort.



[1] „Vielmehr wird sich die Prognose der SPD-Fraktion aus dem Jahre 2014 bestätigen: keine Fehlbeträge in den Jahren 2015 und 2016 auf Grund von Mehreinnahmen aus Zuwendungen des Landes und des Bundes, die 2014 -zumindest für uns schon erkennbar waren. Für diese Prognose hatten uns die hier anwesenden HH-Experten der CDU, FDP und BG scharf angegriffen und die Erhöhung der Gemeindesteuern mit der Begründung als
„Unumgänglich wegen zu erwartender Fehlbeträge“ zum damaligen Zeitpunkt durchgeboxt, gegen
die Stimmen der gesamten SPD-Fraktion. Aber ich denke, dass wird alles abgehakt unter der
Rubrik: Was stört mich mein Geschwätz von gestern, wenn ich heute schlauer bin.“ (Quelle: Haushaltsrede der SPD, veröffentlicht auf der Homepage der SPD -Wickede vom 09.12.2016)